Hallo Dennis,
wie du aus meiner Antwort #46 sehen kannst, frage ich mich auch, inwiefern so ein FPGA-Clone Atari etwas bringt. Ich finde es daher auch klasse, dass du hier deine Sichtweise dazu zur Diskussion stellst. Ich sehe allerdings einige Sachen anders.
Dennoch bin ich der Meinung, dass sich die ATARI-Platform durch so einen "Clone" nicht genug weiterentwickelt. Schließlich ist die Plattform an sich inzwischen 22 Jahre alt! Und trotzdem wird versucht, die Bus-Struktur ähnlich zu halten und zu einer CPU, welche 1979 entworfen wurde, kompatibel zu bleiben.
Und deswegen ist es der Königsweg auf Intels x86-Architektur umzusteigen? Die ist von 1978 (laut Wikipedia) und somit noch ein Jahr älter. Der Vorteil der x86er ist doch nur, dass sie so massenhaft verkauft werden, und dass dadurch in vielerlei Hinsicht einiges möglich ist (z.B. Anzahl an Entwickler für die CPU, oder Anzahl der verfügbaren Hardware), was für kleinere Prozessoren/Systeme nicht möglich ist. An sich halte ich aber den Weg für genau falsch. Eine heutige CPU hat doch immer noch die alten Befehlssätze, erweitert um bestimmte Neuerungen (z.B. SSE ab Pentium 3/4).
Ich hatte immer auf den PowerPC gehofft, damit man den alten Ballast endlich los wird.
Das hat zwar wieder einen gewissen Retro-Charme, bringt die Platform als solches aber nicht weiter. Mit einer solchen Architektur bleiben wir in der Vergangenheit kleben. Und somit bleiben wir eine Nische.
Ich sehe keine Chance, auch nicht mit utopischen 20 hauptberuflichen Entwicklern (Hard- und Software), jemals aus dieser Nische raus zukommen. Ich würde sagen bei sechsstelliger Nutzerzahl ist man aus der Nische rausgekommen, aber mit dem FPGA werden wir im unteren dreistelligen Bereich bleiben. Du sagst ja selber, selbst für die 100 Bestellungen müssen wir massiv in anderen Foren werben...
Natürlich kann man sagen, es wäre keine ATARI (ST) mehr, wenn man auf eine 68k CPU etc. verzichtet. Doch ich finde, wir müssen die Chance packen, die sich uns bietet und die ST-Platform auf ein neues Level hiefen. Meiner Meinung nach sollte so viel Kompatibilität wie möglich in der Software stecken, nicht in der Hardware. Und dank Projekten wie Aranym, sind die Ressourcen hierfür mehr denn je vorhanden.
Von den drei Optionen Clone, Upgrade-Board oder Emulation sprichst du dich also für Emulation aus. Das ist aus meiner Sicht durchaus eine legitime und gute Möglichkeit, um z.B. alte Spiele aus der Kindheit nochmal zu spielen, oder aber um alte Daten mit dem zugehörigen Programm nochmal bearbeiten zu können.
Ich habe aber bei Emulation immer das ungute Gefühl, dass man sich dadurch schleichend doch zu sehr von dem eigentlichen System entfernt. Stell dir vor du hast ein Problem, dass du durch ein kleines Programm lösen kannst. Vielleicht würdest du das Programm in einer reinen Atari-Umgebung selber schreiben, oder jemanden dazu ermutigen. Aber auf dem PC mußt du nur kurz aus der Emulation raus, und schon steht dir die benötigte Funktionalität zur Verfügung. Dies wird immer öfter passieren, und irgendwann machst du alles nur noch auf dem Wirt-System (also typischerweise Windows oder Linux, vielleicht noch Mac). Emulation sollte daher aus meiner Sicht nur für diejenigen erste Wahl sein, die wirklich nur wieder die alten Spiele spielen wollen, aber nicht daran interessiert sind das eigentliche Atari-System zu nutzen.
Von der Idee her finde ich ja eigentlich Upgrade-Boards am besten. Aber die zielen meistens auf Falcons, und haben weitere Einschränkungen (welchen Laptop von Atari will man upgraden...). Von daher finde ich Clones nur knapp geschlagen als die zweitbeste Lösung. Die Hauptsorge ist bei denen, dass ich dort immer Sorge vor einer Zersplitterung des ohnehin kleinen Atarimarktes habe.
Meine Vorstellung ist übrigens, dass ich es klasse fände, wenn wir mit einem reinen Atari-System einige der Sachen hinbekommen, die man halt heutzutage mit seinem PC macht. Ich habe z.B. einen über USB anzuschließenden PictureMate. Wäre das nicht klasse, wenn man vom Atari aus echte Photos drucken könnte? Oder man spielt und konvertiert mp3s, vielleicht sogar Videos. Dafür reicht die Leistungsfähigkeit nicht, aber was, wenn man die 68k um soetwas wie SSE erweitert? (genau das wird nämlich massiv von MP3-Software eingesetzt, aber z.B. auch von 3D-Engines, wofür SSE ursprünglich gedacht war) Oder ich fände es unglaublich genial, wenn man mit einem Atari-Laptop ins WLAN-Netz gehen könnte. Es wird sich nicht für alle Ideen jemand finden, der das auch umsetzt, aber der FPGA-Clone gibt die Möglichkeit dazu. Zugegeben, man würde das Teil dann eher so nutzen, wie manch anderer gerne an seinem Auto rumschraubt, nämlich als Bastelprojekt. Aber wenn man dann wieder etwas neues damit geschafft hat, und somit zumindest scheinbar wieder in der heutigen IT-Welt angekommen ist, dann ist das doch das, wofür man sich noch damit beschäftigt. Wenn ich hingegen z.B. aus dem Emulator ein Photo drucken kann, dann lockt das niemanden hinterm Ofen hervor, denn PC mit Drucker zu verbinden geht ja sowieso.
Soviel also zu meiner Meinung zu dem Thema. Gut ist aber glaube ich, dass Wolfgang auch sehr genaue, eigene Vorstellungen zu dem Thema hat (wie auch immer die aussehen mögen). Denn nur mit soetwas wie einer Vision kann es gelingen, so ein Mega-Projekt zu stemmen.
Ciao
Claus