Autor Thema: Atari ST - reparabel?  (Gelesen 11270 mal)

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Offline kolli

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Atari ST - reparabel?
« am: Di 26.07.2016, 19:37:46 »
Hallo *,

nachdem ich vor etwa 3 Monaten zufällig EasyAraMint entdeckt und ausprobiert habe, ist die Begeisterung für TOS, GEM und Atari-Computer wieder ausgebrochen.

Ich hatte seinerzeit einen Atari 1040STFM, der 1989 angeschafft wurde und Anfang der 1990er massive Erweiterungen und Veränderungen erfuhr, da ich mit der Grundausstattung der Maschine schnell an Grenzen gestoßen war. Spiele konnten mich nie nachhaltig und langfristig fesseln, tolle Benutzerumgebungen und Anwendungen hingegen schon. Da ich schon früh mit einer Unix-Maschine in Kontakt geraten war (mittels 1200er Modem) und mich das Systemdesign ansprach, waren alle Schritte auf dem Atari in diese Richtung wie für mich gemacht. Nur mit 1 MB wurde man da nichts...

Ich kann mich nicht mehr an alle Modifikationen erinnern und habe sie auch nicht selber durchgeführt. Das traute ich mir nicht zu, und dafür hatte ich einen Kumpel, der schon mit dem Lötkolben in der Hand geboren wurde.

Der Rechner steht noch bei meinen Eltern auf dem Dachboden und ich hätte Lust ihn zu reaktivieren. Ein erster Test ließ erkennen, dass er entgegen aller Erwartungen (seit 20 Jahren bei Hitze und Kälte auf dem nicht isolierten Dachboden) kein hoffnungsloser Fall zu sein scheint. Dazu brauche ich Anregungen, was ich tun sollte und wo ich anfangen sollte.

Ein kurzer Abriss über die Maschine:
  • Speichererweiterung auf 3 MB mit einer handgelöteten Lochrasterplatine, die auf mit Heißkleber befestigten Kunststoffröhrchen auf die Platine geklebt wurde
  • TOS 1.02 und 1.04 umschaltbar mit Kippschalter
  • Autoswitch Overscan
  • HD-Diskettenlaufwerk
  • das Ganze im Lighthouse-Tower, zusammen mit einem SCSI-Hostcontroller, irgendeinem Netzteil, der HD-Floppy als A: und der originalen DD-Floppy als B:, irgendeine 100irgendwas MB SCSI-Festplatte
  • Mono/Color mit Kippschalter umschaltbar, also kein Abziehen des Mono-Monitorsteckers erforderlich, wenn man die Kiste mit dem Antennenkabel an den Fernseher anschließt
  • PC-Tastatur-Interface extern

Wie man sieht, eine etwas problematische Konstellation...

Was bisher geschieht:

Der original SM124 hatte damals schon eine Macke und liefert jetzt nur ein mehr oder weniger durchlaufendes Bild mit vielen erkennbaren Zeilenrücklaufspuren. Beim Einschalten des ST kann man nur grob erkennen, dass sich das Bild irgendwie verändert. Den SM124 würde ich aber sowieso nicht mehr benutzen wollen, sondern eher einen VGA-Adapter.
Schließt man den Rechner an den Fernseher an und führt einen Sendersuchlauf durch, wird ein Bild gefunden. Allerdings ist es in der oberen Hälfte weiß und unten schwarz, und wenn man Reset drückt, erscheinen in der weißen Hälfte eine Unzahl von Bomben. Die sind klar erkennbar, also ist der Rechner zumindest nicht komplett tot.
Die Diskettenlaufwerke sind tot. Beim ersten Versuch, noch am SM124, hat das Laufwerk A geleuchtet und der Motor gelaufen. Dass von der darin seit 20 Jahren steckenden Bootdisk (für irgendein Unix-ähnliches MiNT-System, Vorläufer von Sparemint, dass ich damals zuletzt installiert hatte) nichts gelesen werden kann, wundert mich erstmal nicht.
Das Verhalten des Rechners ist sowohl mit Schalter auf "TOS 1.02" als auch auf "TOS 1.04" ziemlich ähnlich.
Die Harddisk läuft nicht an und die LED leuchtet auch nicht.
Die PC-Tastatur am externen Adapter lebt. Numlock geht, Capslock geht, also zumindest verhalten sich die Lämpchen sinnvoll.

Ich würde jetzt erstmal darauf tippen, dass das Netzteil keine ausreichenden 12 V mehr liefert und dass es Probleme mit dem Arbeitsspeicher gibt. Wahrscheinlich mit der Speichererweiterung.
Platz ist genug, insofern würde ich mir bei Gelegenheit erstmal ein billiges Schaltnetzteil von Reichelt besorgen und gucken, ob ich die Speichererweiterung erstmal entfernen kann. Ich fürchte zwar, dass dafür irgendwelche Verbindungen auf der Platine wieder zurückgebaut werden müssen, was bei meinen Lötkenntnissen nicht gerade die erfreulichste Botschaft wäre, aber was soll schon passieren, unbenutzbar (um nicht zu sagen kaputt) ist er im derzeitigen Zustand sowieso. Die gesockelten Chips mal rauszunehmen und die Kontakte zu reinigen, ist sicher auch unverzichtbar.

Irgendeinen funktionierenden 1040er zu kaufen, ist keine Alternative, da mir 1 MB auch heute noch nicht reichen würde und ich auch nicht auf die Standardauflösung gucken will. 3 bis 4 MB und Overscan wäre schon wichtig. Aber vor allem ist mir das keinen dreistelligen Betrag wert und irgendwie wäre es auch nicht dasselbe. Einen toten Computer Schritt für Schritt wieder zum Leben zu erwecken wäre ungleich befriedigender.

Die HD brauche ich übrigens nicht. Sollte der Rechner wieder laufen können, wäre ein Ultrasatan oder ähnlich sicher besser.

Hat jemand noch irgendwelche Tipps für mich, was sonst noch sein könnte und was ich noch tun könnte? Lohnen sich die Versuche überhaupt oder ist die Kiste vielleicht ein Fall für die Tonne?

Gruß,
Kolli

Offline Arthur

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #1 am: Di 26.07.2016, 21:22:13 »
Als allererstes würde ich die Stromversorgung überprüfen... also 5V und 12V (Abweichungen
plus oder minus 5% vom Sollwert sind erlaubt), Beim Diskettenzugriff kann die Spannung weiter einbrechen dann ist das NT zu tauschen oder zu überholen. Wenn das NT einen weg hat können die Problem z.T. dadurch entstanden sein. Guck mal auf http://www.skulimma.de/bastel.htm die Wiederbelebungstipps an... einige Informationen findest Du in den Chips&Chips von Michael Ruge... siehe meine Signatur.

Offline kolli

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #2 am: Di 26.07.2016, 21:36:06 »
Hallo Arthur,

danke für Hinweise und Links. Die Wiederbelebungstipps hatte ich schon gesehen. Da ist immer von entweder Bildschirm weiß = gut oder Bildschirm schwarz = schlecht die Rede. U.a. deswegen bin ich über das halb weiße und halb schwarze Bild bei meinem ST irritiert.

Kann übrigens auch sein, dass da eine batteriegepufferte Uhr nachgerüstet wurde, die evtl. auch Probleme macht. Falls ja, dürften die Batterien desolat aussehen...

Das Netzteil zu checken dürfte tatsächlich das wichtigste / erste notwendige zu sein. Ich hatte leider noch keine Zeit, in das Gehäuse mal reinzuschauen, der Rechner steht wie gesagt noch bei meinen Eltern. Bei mir zuhause habe ich gerade mal wieder Ordnung gemacht (6 Tower-PCs, ein Laptop, 3 Raspberry Pi, 4 Monitore). Ich glaube, meine Frau schmeisst mich raus, wenn ich jetzt schon wieder eine Computerleiche anschleppe... ;-) Das Projekt fange ich wohl erst im Herbst an.

Grüße,
Kolli

Offline Börr

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #3 am: Mi 27.07.2016, 07:16:26 »
Wo kommst Du her, evtl ist das in der Nähe eines Trreffens? Oder komm gleich zur OFAM.
:D

Offline kolli

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #4 am: Mi 27.07.2016, 09:47:04 »
Wo kommst Du her, evtl ist das in der Nähe eines Trreffens? Oder komm gleich zur OFAM.
:D
Ich komme aus Schleswig-Holstein, gibt es da irgendwo ein Treffen? Was ist OFAM?

Offline Gaga

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #5 am: Mi 27.07.2016, 09:56:23 »
Das OFAM ist ein jährliches Treffen in Münchberg bei Hof in Bayern und inzwischen ein fester Bestandteil der Szene:

http://forum.atari-home.de/index.php?topic=12906.0

Du würdest den "Preis" für die wahrscheinlich weiteste Anreise bekommen. Selbst unsere Niedersachsen überlegen ernsthaft, ob sie sich das antun.

Vorteil: 3 Tage lang, was sich durchaus lohnt.

Weiterer Vorteil: Du kannst einen Firebee-Schwarm in freier Wildbahn beobachten, wenn Dich das interessiert.

Noch ein Vorteil: da sind einige Hardware- und Softwarecracks vor Ort.

Nachteil: überaus laut schnarchende Tschechen.
ask for: Thunder/TurboThunder- Storm TT/ST - Lightning VME/ST - Cloudy - Speedy - TwiSTEr

https://wiki.newtosworld.de/index.php?title=ThunderStorm_Extensions

Offline SolderGirl

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #6 am: Mi 27.07.2016, 11:12:20 »
Also ich würde folgendes machen:

Erstmal alles ausstecken, was nicht unbedingt gebraucht wird. Also in dem Fall erstmal den SCSI-Adapter und das zweite Floppy. Dann würde ich alle gesockelten Chips mal rausnehmen und die Beinchen reinigen. Auch die PLCCs.
Dann würde ich die Spannungen nachmessen. Falls die nicht passen, ein anderes Netzteil besorgen. Da würde ich persönlich wohl einen Adapter basteln und ein ATX-Netzteil anschließen. Die sind recht zuverlässig und es ist auch auf lange Sicht kein Problem einen Ersatz zu finden, falls es doch mal ausfallen sollte.
Die Speichererweiterung würde ich gegen einen PS2-Sockel austauschen. Da kannst du dann ein 4MB-Modul einsetzen, also nochmal 33% mehr RAM. Und ich vermute das wäre auch zuverlässiger als eine Lochrasterplatine.
Dann würde ich auch alle Elkos mal genau in Augenschein nehmen. Vorzugsweise nachmessen, aber zumindest mal optisch inspizieren. Dabei auch den Bereich der Platine in der Umgebung des jeweiligen Elkos, um zu sehen ob irgendwo Spuren von ausgelaufenem Elektrolyt zu sehen sind.
Das nächste wäre dann die ganzen Lötstellen mal genau anzuschauen. Die sind inzwischen über 30 Jahre alt, und waren ja auf dem Dachboden immer wieder Temperaturschwankungen ausgesetzt. Wenn eine Lötstelle matt und grau aussieht, ist das kein gutes Zeichen. Wenn dunkelbraune oder schwarze Ablagerungen zu sehen sind, ist es ein schloechtes Zeichen. Es können sich auch Risse bilden, die sieht man meistens nur mit Lupe als feine Linie, die sich im Kreis auf halber Höhe um die ganze Lötstelle zieht.

Wenn das alles nichts bringt, dann würde ich den Fehler bei einem Chip vermuten, vielleicht Shifter oder MMU.

Also Prinzipiell ist das vorgehen so:
1. Mögliche Fehlerquellen entfernen
2. Stromversorgung überprüfen
3. Verbindungen überprüfen
4. Bauteile überprüfen

Noch ein Gedanke:
Wenn du an Spielen kein Interesse hast, eher System- und Anwendungssoftware, den Rechner sowieso schon in einem Tower untergebracht hast, und nicht mit der originalen ST-Auflösung arbeiten willst, wäre es doch eine Überlegung wert, eine VGA-Karte einzubauen.

Offline STarship

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Re: Atari ST - reparabel?
« Antwort #7 am: Mi 27.07.2016, 11:29:11 »
Hallo zusammen,

ich würde auch zuerst die Netzteilspannungen prüfen. Bei meiner SH205 haben schon leicht geringere Werte von 4,88 und 10,75 Volt gereicht, um die Platte nicht mehr korrekt initialisieren zu können. Mit einem baugleichen Netzteil aus einem anderen Gerät, welches 5,02 und 12,2 Volt anliegen hatte, lief die Platte wieder sauber.

VORSICHT: Die Spannungsmessung erfolgt normalerweise am offenen Rechner während er unter Dampf steht, also aufpassen daß man keine spannungsführenden Teile berührt! Elektrolytkondensatoren können auch nach der Trennung vom Netz noch unter Spannung stehen, also auch dann nicht gleich angrabbeln!

Falls das Netzteil das Problem ist: alle Elkos tauschen (deren Alterung ist völlig normal) und alle Lötstellen überprüfen oder das NT komplett ersetzen. 1040er wurden zB schon erfolgreich auf PicoPSU umgerüstet.

Was bei einem meiner totgeglaubten 1040 STE schon öfter geholfen hat: alle gesockelten Chips vorsichtig nachdrücken, wenn das nicht reicht: die Käfer mal rausziehen, Kontakte reinigen und wieder einsetzen. Das wäre eine Maßnahme, die zumindest nicht schadet und kein Geld kostet und mit etwas Glück schon zum Erfolg führt.


VG
Sven
« Letzte Änderung: Mi 27.07.2016, 11:40:24 von STarship »
520STM, SF354, SM124/SC1224
1040STE, 4MB, SF314, Megafile30, SC1435
Mega ST4 +68881, SH205, SM144
MegaSTE, TOS 2.06, 4MB, DD-FDD, 105MB HDD, SM146
TT030, TOS 3.06, 4 MB ST / 20MB TT (MightyMic 32B), HD-FDD, 270MB HDD, ext. CD-Rom
TT030, TOS 3.05, 4 MB ST / 4MB TT (MightyMic 32B), DD-FDD, 540MB HDD, PTC 1426
SLM804 mit Interface (scheintot)
Portfolio HPC-004